Hobbys in der Bewerbung – Ein Nährboden für Stereotype

Hobbys in der Bewerbung – Ein Nährboden für Stereotype

Personalverantwortliche können durch Hobbys persönliche Interessen und Fähigkeiten von Bewerber*innen außerhalb des beruflichen Kontextes herausfinden. Das kann informativ für das Auswahlverfahren sein, es ist leider aber auch einen Nährboden für Stereotype. Hier spielt die soziale Herkunft oft unbewusst eine Rolle – ein weiterer Beleg für unfaire Bedingungen bei der Personalauswahl.

Hobbys beeinflussen nicht selten HR-Verantwortliche und Manager bei der Bewerberauswahl. Ursächlich sind hier die üblichen Biases in der Personalauswahl – allen voran der MiniMe-Effekt und der In-Group-Bias. Der MiniMe-Effekt bewirkt, dass wir Menschen gerne einstellen, die uns ähnlich sind. Der In-Group-Bias bewirkt, dass wir uns in unserer gemeinsamen Gruppe (der Segler, Golfer oder Schachspieler) wohl fühlen und wir Gruppenmitglieder sympathischer wahrnehmen als die Mitglieder anderer Gruppen. Entscheidungen aufgrund von Sympathie zu treffen ist menschlich und leider passiert es, dass Jobs aufgrund von einem geteilten Hobby und nicht wegen der Qualifikation vergeben werden.

Hobbys implizieren die Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht

Dass die soziale Herkunft eine entscheidende Rolle im Bewerbungsverlauf darstellt, belegt eine Studie aus den USA. Anhand eines Lebenslauf-Audits wurde festgestellt, dass Männer, die Merkmale einer höheren sozialen Schicht aufweisen, deutlich häufiger als andere Bewerbende zu einem Vorstellungsgespräch für Spitzenjobs in Anwaltskanzleien eingeladen wurden. Anzumerken ist außerdem, dass es auch geschlechterspezifische Unterschiede gibt. Frauen aus hohen sozialen Schichten bekamen weniger Einladungen als Männer aus denselben sozialen Schichten. In den Spitzenjobs werden drei- bis sechsmal höhere Gehälter gezahlt als in anderen Beschäftigungsarten, die für Absolvent*innen der juristischen Fakultät zur Verfügung stehen. Damit werden die Studierenden an die Spitze der Einkommensverteilung des Landes katapultiert. (Quelle: Rivera u.Tilcsik (2017): Class Advantage, Commitment Penalty: The Gendered Effect of Social Class Signals in an Elite Labor Market. Online verfügbar unter https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/0003122416668154, zuletzt geprüft am 24.01.2023.)

Faire Bewerberauswahl anstatt Stereotype

Ich könnte nun Bewerbenden raten, ihre Hobbies im CV nach den Erkenntnissen dieser Studie anzupassen. Oder ich weise erneut darauf hin, dass für eine faire, diverse und qualitativ hochwertige Bewerberauswahl möglichst diese – nicht für den Joberfolg relevanten Merkmale - eliminiert werden. Schließlich gibt der Name, die (soziale) Herkunft oder eben auch die Wahl der Hobbys keine wissenschaftlich validen Informationen über die Kompetenzen und Fähigkeiten eines Bewerbers her. Vielmehr bieten solche Informationen einen Nährboden für Stereotype und unbewusste Vorurteile, die zu Diskriminierung und Ungerechtigkeiten bei der Bewerbung führen. Die Königsdisziplin ist und bleibt daher die Anonymisierung.

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